Gesundheit und Pflege
Kick Off Meeting des DVJW Fachforums Gesundheit und Pflege
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Wann: Donnerstag, den 27. Juni 2024 um 14 Uhr
Wo: Behrenstrasse 36, 10117 Berlin (Tiefgarage direkt vor dem Haus, Staatsoper Berlin)
Begrüßungsrede von Frau Isabell Halletz:
Werte Damen und Herren,
herzlich willkommen zum Kick-Off Meeting des Deutschen Verbandes Job & Wohnen e.V. zum Fachforum „Gesundheit und Pflege“.
Ich bin dankbar, dass sich Dr. Diedrich einem Thema angenommen hat, welches auch immer mehr Betriebe in der Pflege beschäftigt: Wohnraum.
Insbesondere in den Hauptstädten der Bundesländer, mit Ausnahme von Magdeburg (6-8 %) und Schwerin (8-10 %), liegt der Leerstand von verfügbarem Wohnraum bei unter 2 Prozent. Das ist alarmierend und beschäftigt mittlerweile auch die Pflegeunternehmen, denn wo kein oder kaum Wohnraum verfügbar ist, hat das Auswirkungen auf die Personalstruktur der Unternehmen.
Mittlerweile kämpfen viele Branchen um Auszubildende und Fachkräfte. Und wir in der Altenpflege haben es durch die strengen Personalvorgaben und Quoten nochmal schwerer, freiwerdende Stellen besetzen zu können.
Eine der Fragen, die mittlerweile häufiger in Vorstellungsgesprächen gestellt wird, ist, ob das Unternehmen Betriebswohnungen zur Verfügung stellt oder bei der Wohnungssuche unterstützt. Insbesondere in Städten wie München, Frankfurt am Main, Köln, Berlin und Hamburg ist verfügbarer und vor allem bezahlbarer Wohnraum ein ernstzunehmendes Problem und hindert Unternehmen daran, das dringend benötigte Personal zu bekommen.
Bezahlbarer Wohnraum ist zu einem deutlichen Wettbewerbsfaktor geworden. Uns berichten Pflegeunternehmen, dass sie freie Stellen oder auch Ausbildungsplätze in den Metropolregionen deutlich schwerer bis gar nicht besetzen können. Insbesondere Auszubildende können sich die oft hohen Mieten im Vergleich zum Ausbildungsgehalt nicht leisten. Und das bei wachsendem Pflegebedarf.
Sehr deutlich wird die Situation auch für die Unternehmen, die Personal aus dem Ausland akquirieren und beschäftigen wollen. Die Arbeitgeber, die für die ersten Monate Wohnraum stellen können, haben einen deutlichen Vorteil.
Ausländische Pflegekräfte berichten von Vorurteilen oder rassistischen Erfahrungen, die sie während der Wohnungssuche machen mussten. Mit einem nicht typisch Deutsch klingenden Namen ist es oft sehr schwer, einen Mietvertrag zu bekommen.
Deshalb werden ehemalige Schwesternwohnheime reaktiviert, Wohnungen von Arbeitgebern angemietet, oder wenn möglich, selbst gebaut. Aber verfügbare Grundstücke und Wohnraum werden immer knapper. Und auch kommunale Wohnungsbaugesellschaften sind angehalten, einen Anteil frei werdender Wohnungen für Geflüchtete bereitzustellen. Umso mehr Kreativität und Eigeninitiative ist gefragt.
Im letzten Jahr hatte der AGVP vorgeschlagen, die Etagen und Zimmer in Pflegeeinrichtungen, die aufgrund von Personalmangel leer stehen müssen, unkompliziert umzuwidmen und als Wohnraum Auszubildenden zur Verfügung zu stellen. Damit wäre beiden Seiten geholfen: den Arbeitgebern, weil sie ihre Ausbildungsstellen besetzen können und den Auszubildenden, die dann bezahlbaren Wohnraum hätten. Leider war unser Vorschlag nicht von Erfolg gekrönt. Die Begründung von Länderebene war, dass dies eine Nutzungsveränderung wäre, die sich so nicht vertraglich abbilden ließe.
Jede Idee ist daher wertvoll und wir müssen ins Gespräch kommen, wie man der zunehmenden Wohnraumproblematik sinnvoll begegnen kann. Umso spannender finde ich persönlich den Ansatz des genossenschaftlichen Wohnens.
Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen beschreibt es sehr treffend: Seit weit mehr als 100 Jahren prägen Wohnungsgenossenschaften die Wohnungsmärkte in Deutschland. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Sicherung und Schaffung bezahlbaren Wohnraums sowie zur Bildung stabiler Nachbarschaften.
Die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft (eG) basiert auf den Prinzipien Selbsthilfe, Selbstbestimmung und Selbstverwaltung.
Wenn wir auch künftig gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen wollen, müssen wir als Unternehmen selbst anpacken und dann die Politik und den Gesetzgeber überzeugen, entsprechende
Rahmenbedingungen zu schaffen.
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Key Note von
Frau Isabell Halletz
Geschäftsführerin
Arbeitgeberverband Pflege e.V.
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Der überparteiliche Deutsche Verband „Job & Wohnen“ e.V. (DVJW) bietet in seiner Rolle als Think Tank eine bislang einzigartige Plattform für das gemeinsame Gespräch der Arbeitgeberorganisationen, Gewerkschaften und Sozial- und Wohlfahrtsverbände mit interessierten Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Im Fokus stehen all die Themen, die für das Gemeinwohl und die gesellschaftliche Teilhabe gerade für die Menschen mit kleinerem und mittlerem Einkommen von besonderer Relevanz sind. Dazu zählen selbstredend auch Themen wie Sicherstellung einer angemessenen Gesundheitsversorgung sowie alle Fragen, die mit der Abwendung eines drohenden Pflegenotstandes verbunden sind, beides auch Brennpunktthemen, welches inzwischen für unsere gesamte Gesellschaft eine der größten Herausforderungen darstellt.
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Neben einer Vielzahl von Aspekten stellt der Fachkräftemangel in den medizinischen Berufen sowie bei den Pflegeberufen eine wesentliche Ursache für die Engpässe in der Gesundheitsversorgung wie in den Pflegebetrieben unseres Landes dar. Nur wenn es gelingt, Lösungen für die Behebung des Fachkräftemangels zu erarbeiten, werden wir den Schlüssel zur Lösung der größten Probleme sowohl für die Gesundheitsbranche, als auch für die Pflegebranche gefunden haben.
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In der Überzeugung, dass es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum und der Verfügbarkeit von Fachkräften gibt, hat der DVJW ein genossenschaftliches Werkwohnkonzept entwickelt, welches sich mit dem Pilotprojekt „Havelschanze“ in Berlin Spandau bereits in der Phase der Realisierung befindet. Gerade Fachkräfte mit mittlerem und kleinerem Einkommen werden nur dann in der Lage sein, einen spannenden Beruf in der Gesundheits- und Pflegebranche annehmen zu können, wenn der Arbeitgeber eine bezahlbare Wohnung zur Verfügung stellt. Mit der Schaffung genossenschaftlicher Wohnquartiere soll gesellschaftliche Initiative übernommen werden, um den Teufelskreis zwischen Fachkräftemangel und Wohnungsmangel zu durchbrechen.
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Vor dem Hintergrund sieht das Konzept des DVJW vor, dass sich Betriebe der Gesundheitsversorgung wie Unternehmen und Einrichtungen aus der Pflegebranche zu einer Werkwohnungsbaugenossenschaft zusammenschließen und mit vereinten Kräften – und der engagierten Unterstützung der Kommune vor Ort - gemeinsam ein Wohnquartier errichten. Der Anspruch an dieses Quartier soll es sein, nicht nur eine preisgünstige anonyme Unterbringungsmöglichkeit entstehen zu lassen (soziale Brennpunkte), sondern qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Wohnraum zu schaffen, einen Platz für ein Miteinander (z.B. mit KiTa, Nachbarschaftswerkstatt, Gemeinschaftscaffee, Waschhaus, Landwirtschaftsprojekt und vielen Gemeinschaftsflächen). Ein erstes Pilotprojekt befindet sich in der Phase der Realisierung (Berlin, Havelschanze, siehe www.dvjw.de und www.jobundwohnenservice.de). Es soll mit diesem Pilotprojekt sozusagen ein „blueprint“ für eine Vielzahl weiterer Quartiersprojekte geschaffen werden. Zahlreiche weitere Projekt sind bereits in der Phase der Vorbereitung.
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Um rechtzeitige Anmeldung auf der DVJW-Website unter https://www.dvjw.de/veranstaltungen wird gebeten oder bestätigen Sie bitte Ihre Teilnahme per Mail an hallo@dvjw.de.
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Für Rückfragen wenden Sie sich gerne an Hrn. Dr. Peter Diedrich (diedrich@dvjw.de).